Archiv der Kategorie: Gesellschaft

Du bist das Produkt

Facebook strebt für dieses Jahr seinen Börsengang an. Das Soziale Netzwerk hat nach eigenen Angaben weltweit 850 Millionen Nutzer. Damit ist mehr als ein Zehntel der Weltbevölkerung hier registriert. Für Deutschland liegt die Nutzerzahl nach Firmenangaben bei mehr als 25 Millionen. Bei einer derart hohen Marktdurchdringung stellt sich die Frage, ob man sich für die nächste Volkszählung, nicht direkt an diesen Konzern wendet. Solche Marktwerte lassen Börsianer nahezu schwindelig werden. Facebook schätzt seinen Unternehmenswert auf etwa 60 Milliarden $ – und somit ca. 70 $ pro Nutzer.

Der Konzern generiert seinen Gewinn momentan hauptsächlich aus Werbeanzeigen. Die eigentliche Registrierung und Verwendung ist für Privatpersonen und Unternehmen kostenfrei. Ein derart hoch geschätzter Unternehmenswert lässt sich allerdings nur aus den möglichen zukünftigen Versprechen wie der Einbindung von Bezahlmodellen, den weiteren Ausbau von Werbeanzeigen (gerade auf der mobilen Version) und den Erlös durch Spielevertrieb auf der Plattform ableiten.
Die große Wertschätzung dieses Unternehmens generiert sich somit vorwiegend aus den Versprechen an die Zukunft. Online-Netzwerke und neue Medien entwickeln sich nach wie vor rasant weiter. Facebook selbst wurde erst im Jahr 2004 gegründet und hat sich in wenigen Jahren zum marktdominierenden Anbieter entwickelt. Schon vor Facebook  gab es äußerst populäre Angebote wie die VZ-Netzwerke oder auch Myspace. Diese sind jedoch durch ausbleibende und fehlgeleitete Produktentwicklungen und technische Probleme heute nahezu bedeutungslos geworden.

Ebenso überzeugt bin ich davon, dass dieses Schicksal Facebook zuteil wird. Auch wenn Facebook heute den größten Teil der Nutzer an sich binden kann, sind die Privatsphäre-Simulation, die komplexen Einstellungen, die Datenschutzbestimmungen und die ungefragte Freischaltung neuer Funktionen  nutzerunfreundlich und daher nicht zukunftsfähig. Facebook schreibt so etwa in den AGBs: „Du gibst uns eine nicht-exklusive, übertragbare, unterlizenzierbare, gebührenfreie, weltweite Lizenz für die Nutzung jeglicher IP-Inhalte, die du auf oder im Zusammenhang mit Facebook postest.“ Hiermit gestattet man, dass eigene Inhalte von Facebook veräußert werden dürfen. Diese Grundfehler zu korrigieren wird deutlich schwerer sein, als einen besseren Neuentwurf vorzulegen. Google+ und Path sind zwei gut aussende Neuentwürfe. Doch auch sie kranken an der Problemstellung, wie sich ein Netzwerk kostenfrei anbieten lässt ohne durch die Nutzerdaten Gewinn zu generieren.

Das Projekt Diaspora liefert mit einer freien Software zur Bildung von sozialen Netzwerken eine spannende Alternative, welche über Spenden finanziert wurde. Die dezentrale Struktur sorgt dafür, dass der Anwender seine Daten auf persönlichen Webservern ablegt. Momentan tummeln sich hier etwa 370.000 Nutzer. Viele normale Anwender (Nicht-Nerds) sind mit der Verwaltung ihres Facebook-Auftritts schon komplett beschäftigt und möchten daher auch andere Wege nicht beschreiten. Entscheidend wird sein, ob die große Masse der Nutzer die bisherigen Bestimmungen in Kauf nimmt oder sich neue Wege sucht, die eigenen Inhalte und Verweise zu veröffentlichen. Von mir auf jeden Fall bekommt Facebook kein Foto mehr.

Spielzeugfabrik – Assembled in China

Moderne Gadgets sind heute die Werkzeuge, die fast jeder gerne in der Tasche hätte, die Begehrlichkeiten auslösen und auch als Statussymbol herhalten. Umgeben werden diese Wunderwerke der modernen Technik von einer oftmals ikonenhaften Aura. Auf gigantischen Messeständen und bei perfekt einstudierten Präsentationen werden die neusten Errungenschaften von den großen Spielern des Technologiesektors dem kaufwilligen Publikum präsentiert. Bei dem Funkeln und aller Faszination gerät die eigentliche Herstellung in den Hintergrund.

Um im heutigen Wettlauf der ständigen Erneuerung und Gewinnerwartungen bestehen zu können, fühlen sich die Produzenten gezwungen den Wertschöpfungsprozess vom Rohstoffgewinn bis hin zur Endmontage zu optimieren. Allein dies ist nichts Neues, jedoch erreicht dieses Prinzip mit der aktuellen Technisierung nun neue Dimensionen. Eine Vorstellung von heutigen Herstellungsprozessen konnte man sich durch den Radiobeitrag Mr. Daisey and the Apple Factory machen. Mike Daisey, ein Apple-Fanboy erster Güte, sah einige Fotos von einem neuen iPhone, welche wohl ein Arbeiter aus der Fabrik geschossen hatte. Er stellte sich die Frage, wer den ganzen Kram eigentlich herstellt und reiste nach China, um dies herauszufinden. Mehr als eine Millionen Arbeiter montieren in der chinesischen Provinz Shenzhen die begehrten Gadgets unserer Zeit. Hier sprach Mike mit den Arbeitern vor den Toren der Foxconn-Werke. Zugang zu den eigentlichen Produktionsstätten wurde ihm nicht gewährt.

Die Zustände in den Foxconn-Werken, die vorher mit einer Reihe von Suiziden und Unfällen für Aufruhr gesorgt haben, standen unter medialer Aufmerksamkeit. In der Folge gab es deutliche Kritik am Technologieriesen. Apple hat nun die Fair Labour Association (FLA) eingeschaltet, um die Arbeitsbedingungen vor Ort zu verbessern. Ob man dies als PR-Kampagne oder als wirkliche Fortentwicklung der Arbeitssituation einstufen kann, lässt sich erst später beurteilen. Der Sender ABC hat exklusiv Zutritt zu den Produktionsstätten erhalten und sendet dieses Material diese Woche in der Show Nightline.

Doch auch wenn sich mit dem derzeitigen Marktführer bei Tabletcomputern am besten mediale Aufmerksamkeit erzeugen lässt, kann dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass andere Hersteller nach ganz ähnlichen Methoden verfahren. Foxconn produziert neben den Geräten von Apple ebenfalls für die Firmen HP und Dell, die Spielkonsolen Nintendo DS, Xbox 360, Wii und die Playstation. Auch der südkoreanische Mischkonzern Samsung ist mit seiner autoritären und rücksichtslosen Unternehmensführung in den Fokus von NGOs und der Justiz geraten. Hier spielt weder die Platform noch die Marke eine Rolle.

Wir bauen die Mauer wieder auf

Schon seit einiger Zeit scheint sich der Trend durchzusetzen, dass öffentliche Einrichtungen, Gelände und Sportplätze mit Zäunen umspannt werden und dann entsprechende Öffnungszeiten vergeben werden. Genau in dieser Art ist dies in meiner kleinen Heimatstadt Übach-Palenberg geschehen. Dort wird Alles eingezäunt und überwacht, was früher einmal eine öffentliche Fläche war. Angefangen vom weit eingezäunten Schulzentrum, über die Grundschulen, Sportstätten bis hin zum Naherholungsgebiet. Eingesperrt werde Freiflächen, Regenrückhaltebecken, Basketballplätze, Sitzgelegenheiten und Spazierwege. Auch die Änderungen im Bebauungsplan der Stadt Übach-Palenberg erlauben nun die Errichtung von Betonmauern zur Begrenzung privater Grundstücke.

Das Naherholungsgebiet in Übach-Palenberg scheint hier ein besonders schlechter Witz zu sein. Wenn man in grüner Natur umherspazieren möchte, dann wird man an dieser Stelle durch einen zweieinhalb Meter hohen Zaun daran erinnert, dass es selbst hier ein drinnen und draußen gibt. Auch wurden wir schon einmal im Naherholungsgebiet Abends des Platzes verwiesen, da der Wachmann wohl die Stunde bis zur Schließung nicht mehr warten wollte und uns von seinem Plastikroller aus anbrüllend nahelegte den Platz innerhalb des Zaunes zu verlassen. Hier braucht man dann auch keine Beleuchtung mehr für die Boule-Anlage. Da fühlt man sich willkommen.

Kernkraft – uns wär‘ das nicht passiert

Die derzeitige Diskussion rund um die Kernenergie, verbunden mit den Geschehnissen in Japan, haben mich dazu gebracht etwas den lokalen Blick zu schärfen. Jülich (30 km Entfernung nach Aachen) beheimatet die 1988 stillgelegte Kernforschungsanlage. Die Umgebung und die Wälder habe ich durch einige Fahrradtouren, Spaziergänge und Läufe kennen gelernt.

Das Kernkraftwerk Jülich wurde 1967 als Forschungsreaktor in Betrieb genommen. Mit seiner Bauweise als Kugelhaufenreaktor leistete er eine Elektrische Nettoleistung von 13,2 Megawatt, die auch in das Stromnetz eingespeist wurde. Am 13. Mai 1978 traten infolge eines länger unbemerkten Lecks im Überhitzerteil des Dampferzeugers 27,5 t Wasser in den Primärkreislauf und damit in den Reaktorkern ein. Obwohl dieser Störfall nur in die Kategorie C eingeordnet wird, stellt er wegen des positiven Reaktivitätseffekts des Wassers einen der gefährlichsten Störfälle für einen Hochtemperaturreaktor dar. Der Störfall blieb wahrscheinlich nur deshalb ohne schwere Folgen, weil der Kern nur niedriege Temperaturen aufwies und das Leck klein blieb. Unter dem Reaktor befindet sich durch den Störfall radioaktiv belastetes Erdreich und Grundwasser. Das Fundamentkammerwasser, welches mit der Umgebung in direktem Kontakt steht, wurde mit Strontium-90 und Tritium radioaktiv kontaminiert. Der kontaminierte Reaktorbehälter wird zunächst nicht zerlegt. Im November 2008 wurde er stattdessen mit Beton verfüllt, um so die radioaktiv hoch kontaminierten Graphitstaubteilchen zu fixieren. In diesem Jahr soll der 2100 Tonnen schwere Behälter zur Zwischenlagerung in eine 200 Meter entfernte Halle transportiert werden. Derzeit werden die verbrauchten Brennelementekugeln in 152 Castor-Behältern auf dem Gelände gelagert. Da die Genehmigung für diese Lagerung 2013 abläuft beabsichtigt das Forschungszentrum die Castor-Behälter nach Ahaus zu überführen. Die Energiewerke Nord GmbH ist mit dem vollständigen Rückbau beauftragt, welcher bis zum Jahr 2015 realisiert werden soll.

Eine weitere nennenswerte Kernanlage in der Umgebung befindet sich in der Fahrradregion bei Lüttich (60 km Entfernung nach Aachen). Das Kernkraftwerk Tihange bei Huy ist eines von zwei in Betrieb befindlichen Kernkraftwerken in Belgien. Am 22. November 2002 ereignete sich ein Störfall. Obwohl der Reaktor zu dieser Zeit heruntergefahren war, produzierte er immer noch Wärme. Durch einen Test wurde fälschlicherweise ein Sicherheitsventil des Druckhalters geöffnet, wodurch der Druck im Primärkreislauf in kürzester Zeit fiel. Sinkt der Druck jedoch, verringert sich die Siedetemperatur des Wassers und geht in den gasförmigen Zustand über. Dann kann die Nachzerfallswärme nicht mehr abtransportiert werden und es besteht die Gefahr einer Kernschmelze. Bei diesem Zwischenfall wurden aufgrund des schnellen Druckabfalls mehrere Sicherheitssysteme aktiviert, die Wasser in den Reaktor einspeisten und die Brennelemente kühlten. Das fälschlicherweise geöffnete Überdruckventil wurde wegen Kommunikationsproblemen erst nach drei Minuten wieder geschlossen. Ein weiterer Zwischenfall in Tihange ereignete sich am 4. Oktober 2010. Wie belgische Medien berichteten, liefen dabei rund sechs Kubikmeter einer Chemikalie in die Maas. Für die Umwelt bestand keine Gefahr, hieß es von Seiten des Kraftwerkbetreibers. Es sei bei diesem Zwischenfall kein radioaktives Material ausgetreten.

Die Natur ist schwer berechenbar, menschliches Handeln nicht fehlerfrei und Dieselmotoren springen halt manchmal nicht an. Es ist fraglich, ob die Betreiber der aktuell weltweit 443 Reaktoren der hohen Verantwortung nachkommen können.

Street Art – Kunst / Vandalismus / Kommerz

Kill Em All

Oft sind es die kleinen Dinge, die einen erfreuen. Ein dezenter Sticker oder ein gut platziertes Graffiti sorgt so bei mir oft für einem Schmunzler, wenn ich einmal wieder Eines entdeckt habe. Um diese zu entdecken muss man jedoch mit offenen Augen durch die Straßen laufen. Anders als stumpfer Vandalismus, drängen sich diese Werke nicht auf. Technisch und künstlerisch bewegen sie sich oftmals auf einem hohen Niveau. Wenn man diese Kreationen dann noch „Kunst im öffentlichen Raum“ anstatt „Street Art“ nennt, klingt es für die meisten auch nicht mehr evil. Eine Stadt wie Berlin wäre ohne seine vielen Aufkleber, Graffitis, Poster und Mini-Installationen deutlich farbloser.

Aber da selbst die subversivsten und anarchistischsten Ideen vermarktet werden, haben auch verschiedene Unternehmen diese Stilmittel für sich entdeckt. So haben Adidas, Nike und Sony groß angelegte Marketingaktionen durchgeführt. Auch haben einige Künstler schon Einzug in den Kunstmarkt erhalten. Trotz allem Kommerz sind es die liebevoll hergestellten Unikate, die es zu beachten gilt. Da die Unterscheidung zwischen Werbung, Vandalismus und Kunst vielen schwer fällt, muss man diese Werke erst für sich entdecken. Also Augen auf beim Stadtdurchlauf!

Neues kommunales Finanzmanagement

Den Anlass an dieser Stelle etwas über das Neue kommunale Finanzmanagement zu schreiben gab Wolfgang Jungnitsch, Bürgermeister meiner kleinen Heimatstadt Übach-Palenberg. Diese befindet sich momentan im Haushaltssicherungskonzept und unterliegt damit bei Ausgabeentscheidungen dem Wohlwollen der Aufsichtsbehörde. In einem Schreiben an den Städte- und Gemeindebund NRW beklagt Wolfgang Jungnitsch die derzeitige finanzielle Lage, die er als Folge der Umstellung auf das NKF sieht.

Damit nach dieser Erkenntnis nicht noch mehr Schaden in den Kommunen angerichtet wird, muss dringend und kurzfristig nachjustiert werden, die NKF-systembedingten Fehler müssen eliminiert werden. (…) Als Bürgermeister kann und darf ich diese Entwicklung nicht weiterhin kommentarlos hinnehmen, da ohne Änderungen in naher Zukunft ein durch das Grundgesetz garantierter Grundpfeiler unseres demokratischen Gemeinwesens zerstört wird – und zwar die kommunale Selbstverwaltung.

Quelle: Aachener Zeitung

Richtig ist, dass mit der Umstellung von dem kameralistischen Prinzip auf das Modell der Doppelten Buchführung eine andere Berechnungsgrundlage des kommunalen Haushalts gelegt wurde. Die Schuld lässt sich jedoch nicht dem NKF zuschreiben. Systembedingte Fehler lagen eher in dem alten Prinzip der Kameralistik. Hier war es schwer für Projekte eine genaue Einnahmen- und Ausgabenübersicht zu erlangen. Die doppelte Buchführung, die als anerkannte Berechnungsmethode in der Privatwirtschaft vorgeschrieben ist, liefert hier transparentere Ergebnisse über die Wirtschaftlichkeit. In der Folge legt sie jedoch auch hohe Verluste offen und führt mit seiner Einbeziehung von Abschreibungen zu teilweise deutlich schlechteren Ergebnissen.

Mit der derzeitigen finanziellen Lage ist die kommunale Selbstständigkeit nur noch teilweise gegeben. Der Grund liegt hier jedoch nicht beim NKF, sondern in den stets anwachsenden Leistungen im Gegensatz zur Landes- und Bundesebene, die eine Stadt heute zu erfüllen hat. Gesetzliche Aufgaben wie Jugendhilfe- und Sozialhilfeleistungen lassen sich nicht alleine aufgrund ihrer Wirtschaftlichkeit bewerten. Das Neue kommunale Finanzmanagement besitzt keine „systembedingten Fehler“. Es sind die ausbleibende Gemeindefinanzreform, die stets steigende Kreisumlage und die anwachsenden Aufgaben die Städte und Gemeinden wirtschaftlich bedrohen.

Dautzenberg wird Lobbyist bei Evonik

Ganz Deutschland ist momentan im Geschenkefieber. Da möchte sich so mancher auch gerne einmal selbst beschenken. Ein tolles Beispiel dafür liefert gerade heute der aus dem Kreis Heinsberg stammende Bundestagsabgeordnete der CDU Leo Dautzenberg. Wie heute bekannt wurde legt er bereits zum 31. Dezember seine Funktion als finanzpolitischer Sprecher nieder und Ende Januar dann sein Bundestagsmandat.

Leider fragwürdig ist nicht nur der fließende Wechsel zwischen Politik und Wirtschaft, sondern auch der Zeitpunkt inmitten der laufenden Legislaturperiode. Dies scheint aber mittlerweile nur noch für wenig Aufschrei zu sorgen. Gerhard Schröder und Roland Koch haben wohl den Weg für eine garantierte Liquidität von Politikern im Endstadium geebnet.

Der Vorstand der Evonik Industries AG, Essen, hat ab Januar 2011 Leo Dautzenberg (60) zum neuen Leiter der Konzern-Abteilung Public Affairs und zum Bevollmächtigten des Vorstands bestellt. Er tritt damit die Nachfolge von Wilhelm Schmidt (66) an, der zum Jahresende altersbedingt ausscheidet. Wilhelm Schmidt wird dem Vorstand weiterhin beratend zur Verfügung stehen.

Quelle: Evonik

Update: Für Leo Dautzenberg rückt nun der gelernte Förster Cajus Julius Caesar aus Lippe von der Landesliste der CDU in den Bundestag nach. Caesar war bereits mehrere Jahre im Bundestag vertreten und ist dabei stets über die Landesliste in den Bundestag eingezogen. In der vorangegangenen Legislaturperiode verlor er aufgrund einer Verschiebung der Unionsstimmen innerhalb der Länder erst sein Mandat und rückte auch 2007 wieder in den Bundestag nach. Er war Ordentliches Mitglied im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

weitere Informationen: abgeordnetenwatch.de

JMStV gestoppt – und jetzt?

Zwar wurden noch keine Stimmen im Plenarsaal in Düsseldorf abgegeben, jedoch deutet bisher alles darauf hin, dass es am 1. Januar 2011 keine Neuregelung der Alterskennzeichnung von Angeboten für das deutsche Netz geben wird. Bereits am Dienstag Abend gaben die Fraktionen von CDU, FDP und den Linken bekannt, dass sie der Gesetzesvorlage nicht zustimmen werden. Anscheinend getrieben von dieser Entscheidung positionierten sich auch SPD und Grüne gegen den JMStV. Sven Lehmann, Landesvorsitzender der GRÜNEN NRW, begrüßt diese Entscheidung:

„Grund für die Ablehnung sind die inhaltlichen Schwächen des Vertrages und die aus ihm resultierende massive rechtliche Unsicherheit. Website-Betreiber sind bereits jetzt stark verunsichert. Der Staatsvertrag hätte damit mehr geschadet als genutzt.“

Quelle: Grüne NRW

In Schleswig-Holstein wurde der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag bereits von der Tagesordnung genommen. Die medienpolitischen Sprecher der Fraktionen, Ingrid Brand-Hückstädt (FDP) und Christian von Boetticher (CDU), gaben folgende Erklärung ab:

„Der Gesetzentwurf muss nun überarbeitet werden und die Verunsicherung von Online-Anbietern ein Ende haben. Es ist aber zu hoffen, dass ein neuer Entwurf den vorgesehenen Zweck erreicht, nämlich einen einheitlichen Schutz von Kindern und Jugendlichen vor jugendgefährdenden Angeboten in elektronischen Medien.“

Quelle: Landtag Schleswig-Holstein

Voraussichtlich wird am heutigen Tag der JMStV parteiübergreifend abgelehnt. Viele Leute aus der „Netzcommunity“ haben mit ihrer Gesprächen, Anrufen, Nachrichten und Texten zu dieser Entscheidung beigetragen. Bei den Abgeordneten führten die vielen Anfragen zu einem Stimmungswandel. Diese Tatsache ermuntert, da sich demokratische Teilhabe hier verwirklicht. Ein einfaches Erstarren des politischen Rahmens im Netz wird es jedoch nicht geben. Schon aufgrund der institutionellen Verankerung dieses Staatsvertrages wird es zu einer erneuten Vorlage des Gesetzes kommen. Der Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, Ministerpräsident Kurt Beck, reagierte mit absolutem Unverständnis auf die aktuellen Ankündigungen:

”Falls die Novellierung scheitert, wird der Weg der koregulierten Selbstregulierung nicht weiter beschritten, so dass die staatliche Regulierung von oben Platz greifen wird. Basierend auf den derzeitigen rechtlichen Grundlagen werden die Jugendschutzbehörden Sperrverfügungen erlassen. Wenn das das ausgemachte Ziel der CDU in Nordrhein-Westfalen ist, sollten sie an ihrer Linie festhalten

Quelle: Landesregierung Rheinland-Pfalz

Erfreut betrachten viele Beteiligte gerade die Ablehnung. Die Ankündigung von Sperrverfügungen führt sicher nicht zu einer Beruhigung. Erst eine wirkliche Auseinandersetzung in den Parteien und die Beteiligung der vorhandenen Expertise kann zu einer angemesseneren Grundlage für die digitale Beteiligung führen.