Früher war alles besser

Trotz der konservativen Headline lechzen heute viele Fotografen nach den neusten technischen Gadgets. Die Megapixelzahl ist bei den Topmodellen sogar schon dreistellig geworden. Überall gibt es Automatiken – für den Focus, die Verschlusszeit, die Blende, den ISO-Wert und was sonst noch. Man mag meinen, dass gute Bilder hier vorprogrammiert sind. Doch oftmals halten ja gerade die vielen Möglichkeiten einen davon ab, gezielt einen Moment einzufangen. Durch das Hören einiger Podcasts bestärkt (Happy Shooting, Monis Motivklingel und Inside Analog Photo), erwuchs mit der Zeit auch bei mir der Wunsch wieder analog zu fotografieren. Das freundliche Umherfragen im Freundes- und Familienkreis hat mir dann drei wirklich schöne Exemplare von analogen Spiegelreflexkameras in die Hände getrieben. Auch wenn diese augenscheinlich sehr ähnlich wirken, gibt es Unterschiede in Bezug auf die Objektivanschlüsse und Bedienung der verschiedenen Kameras. Über eine Belichtungsmessung und das Kleinbildformat, welches mit 35mm-Film bestückt werden möchte, verfügen aber alle Drei.

Nach nun einer handvoll verschossener Filme war es gerade die andere Herangehensweise des Fotografierens, die das Comeback der alten Kisten zum Spaß haben werden lassen. Im Moment der Aufnahme beschränkt man sich lediglich auf die grundlegenden Einstellungen und widmet sich dem eigentlich Interessanten – dem Motiv sowie dem entsprechenden Bildaufbau. Sowohl diese andere Herangehensweise, als auch gerade das Ergebnis, das wirklich zählt und erst versetzt betrachtet werden kann, hat hier überzeugt.

Um den Bildeindruck einer analogen Kleinbildkamera erreichen zu können, braucht es bei heutiger Digitaltechnik selbst auf dem Gebrauchtmarkt vierstellige Investitionen. Heute verkauft man diese teuren Kameras, Canon 5D Mark2 oder Nikon D700, nicht mit der Bezeichnung Kleinbild, sondern sicherlich auch aus Marketingperspektive als Vollformat. Bei den (preislich) darunter angesiedelten Kameras handelt es sich um sogenannte Crop-Kameras, bei denen dann nur noch ein Ausschnitt der eigentlichen Brennweite abgebildet wird. Ein 50mm-Objektiv wirkt so beispielsweise an einer digitalen 4/3-Kamera nicht wie ein Normal-, sondern wie ein Teleobjektiv. Folglich benötigt ein kleinerer Sensor ein weitwinkliges Objektiv. Daher sind deutlichere Freistellung und Bokeh mit einem größerem Bildformat bzw. -sensor besser zu erreichen.

Jedoch verbleibt bei allem technischen Hype um die neuen Techniken eine Anzahl von Fotografen, welche lieber wieder einen Film mit 36 oder auch nur zehn Aufnahmen einlegen. Gerade diese auf nur zehn Aufnahmen pro Film beschränktes Kameras im Mittelformat lassen mich in der letzten Zeit häufig in der digitalen Bucht nach Schnäppchen suchen oder ich ertappe mich dabei, wie ich einmal wieder meine Nase vor der Scheibe mit den gebrauchten Kameras platt drücke. Namen wie Hasselblad, Mamiya und Rollei klingen auch wunderbar im Ohr passionierter Fotografen.

Das notwendige Zubehör wie Filme und Chemie gibt es in gut sortierten Shops im Netz. Die eigene und damit auch gezielte Entwicklung von Schwarz-Weiß-Filmen ist im Heimgebrauch gut beherrschbar. Hierfür braucht es keinen lichtdichten Raum, sondern dies kann mit einer Entwicklerdose und einem Wechselsack geschehen. Die Entwicklung von C41-Farbfilmen ist nach wie vor in vielen Drogiemärkten und Fotolaboren für überschaubares Geld möglich. Also her mit den alten Schätzen, die in Schubladen, Abstellräumen, auf Dachböden oder nur als Dekoration ihr Dasein fristen.

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